Dienstag, 10. Dezember 2013

Live-Review: Death In June "Snow Bunker Tour 2013"




2011 in Eisleben habe ich DEATH IN JUNE zum ersten Mal live erleben dürfen, was ziemlich magisch war. Da man nicht so ohne weiteres davon ausgehen durfte Douglas Pearce noch mal auf deutschen Bühnen sehen zu dürfen. Aber in Halle wurde uns gerade diese Möglichkeit erneut gewährt.
Der Opener des Abends ist aber DIE WEISSE ROSE (der Name ist der Widerstandsbewegung um die Geschwister Scholl im Driten Reich entlehnt). Das Auftreten in Uniformen erinnert an politische Gruppen der 30er und 40er Jahre, aber die Musik steht vornehmlich für sich selbst. Es ist natürlich Geschmackssache ob einem die aus Paukenschlägen bestehende Vorführung zusagt oder nicht. Allerdings besitzt das Trio eine atmosphärische Komponente. Ich persönlich bekomme jedoch nur die letzten beiden Songs mit, da das Venue so voll gepackt ist, dass der Gang zum Bierstand beziehungsweise zur Garderobe eine längere Angelegenheit ist.
Als Zweites muss bereits :OF THE WAND AND THE MOON: auf die Bühne. Das verwundert nicht nur viele Zuschauer sondern sorgt auch für einen gewissen Unmut, denn die Dänen haben nur einen kurzen Slot abbekommen. Die Performance ist zwar klasse und gefühlvoll wie immer, aber viele tolle Lieder bleiben so natürlich auf der Strecke, auch wenn Hits wie 'I crave for you' gespielt werden. 
Danach kommt die Ein-Mann-Version von SPIRITUAL FRONT auf die Bühne. Gesang und Gitarre, das war's. Auch wenn das im Neofolk normalerweise ausreichend ist, stellt sich beim eleganten Südländer recht schnell Langeweile ein. Die Songs sind in Ordnung, aber reißen nicht mit und sind maximal was für das heimische Wohnzimmer zu gebrauchen. Das Spannendste am Gig ist der Film, der im Hintergrund auf einer Leinwand zu sehen ist. Ein alter Schwarz-Weiß-Schinken (schätzungsweise) aus Italien, der (ebenfalls geschätzt) in den 50ern gedreht wurde.
Nach einer ausgiebigeren Umbaupause kommt dann endlich der erwartete Auftritt von DEATH IN JUNE beziehungsweise Douglas Pearce, denn sein Perkussionist John Murphy hat laut der neckischen Aussage von Pearce "bessere Dinge" zu tun. Der alte Engländer kann aber auch ohne Unterstützung überzeugen und startet seinen Gig wie gewohnt mit Maske und Trommel inklusive Glockenspiel.


Diese Einleitung hat geradezu etwas pseudo-religiöses und erzeugt eine sehr dichte Stimmung. Als Doug dann an die zwölf-saitige Gitarre wechselt, gibt es kein Halten mehr. Songs wie 'Ku Ku Ku', 'All Pigs Must Die' oder 'Peaceful Snow' ziehen die Zuschauer direkt in einen fast hypnotischen Bann. Andächtiges Lauschen ist aber heute nicht die Regel besonders weiter vorne singen viele Zuschauer mit. Es sind dabei speziell die Herzschmerz-Tracks, die lautstark intoniert werden. Neben 'Little Black Angel' und 'But What Ends When The Symbols Shatter?' ist es aber 'Fall Apart', das so fließend mitgesungen wird, dass Douglas zwischenzeitlich das Publikum den Refrain übernehmen lässt. Eine Sympathiebekundung der etwas anderen Art ist ein Herz, das ein Fan in Reihe drei mit seinen Händen formt und immer wieder in die Höhe hält. Für so viel Liebe gibt es dann heute sogar die unverfälschte Version von 'Rose Clouds Of Holocaust'. Diesmal werden nicht "Deutsche Bollocks" oder "Bürgermeister" besungen, sondern schlichtweg rosa Wolken. Dieser Song ist neben 'Brown Book', das wohl provokanteste Lied des Briten, da viele es als Leugnung der Shoa ansehen, was selbstredend Quatsch ist, wenn man den Gesamtkontext betrachtet oder länger als fünf Minuten bei Google recherchiert. 

 
Erwartungsgemäß ist dieser Titel ein besonderer Höhepunkt der Show. Aber auch wenn Doug sich kurz danach verabschiedet, gibt es fast umgehend eine Zugabe. Denn kein DEATH IN JUNE Gig darf ohne das unsterbliche 'Heaven Street' enden, das leicht elektrisch verstärkt dargeboten wird. Danach lässt Pearce den tollen Auftritt noch mit einem Paukenstück ausklingen und verabschiedet sich dann endgültig.
Insgesamt hat sich der Abend sehr gelohnt, auch wenn das Vorprogramm etwas geschwächelt hat. Aber DI6 allein sind Grund genug, um durch die halbe Republik zu fahren. Schade, dass es bei einem Gastspiel in Deutschland (auf dieser Tour) bleibt, aber vielleicht ändert sich das gesellschaftliche Klima in Deutschland noch mal so, dass nicht jede haltlose Anschuldigung im Expresstempo zum öffentlichen Konsenz erklärt wird. Denn Bands wie DEATH IN JUNE erschaffen ausdrucksstarke Klangwelten zu denen jeder Zugang haben sollte und die man so nur live erleben kann. 

[Adrian]

2 Kommentare:

  1. Mal die Rechtschreibfehler außen vor: die Kontroverse um DIJ ist berechtig. Nur aus reinem Fandom dies zu bestreiten erinnert eher an Frei.Wild und Co.

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  2. Danke für den Kommentar, allerdings muss ich anmerken, dass es genau diese Einstellung ist, die eine ernsthafte Auseinandersetzung mit der Band so schwer macht.
    1. Du führst formale Fehler an, um den Text als minderwertiger hinzustellen. (Das hat dabei nichts mit dem Inhalt zuntun)
    2. Die Kontroverse ist deiner Meinung nach berechtigt. Warum? Was sind die Argumente?
    3. Natürlich bin ich Fan der Band, aber deswegen verkläre ich nichts. Das ist ganz einfach meine Meinung zu dem Thema.
    4. Der Frei.Wild Vergleich ist absurd und lächerlich. Obwohl ich ebenfalls Freiwild nicht als Nazi-Band sehe sondern eher als Populisten, die erzkonservative und plakative Parolen verbeiten.

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