Montag, 7. November 2016

Live-Review: Nachtschatten & Frozen Gate - Live in Lenzburg (CH)

Wenn ich eine Reise tue, dann kann ich es mir nicht verkneifen auch die lokale Konzertszene auszutesten. Deswegen führte mich mein Südbaden-Trip, für einen Abend über die Grenze in die Schweiz, wo ich mir den gemeinsamen Auftritt von NACHTSCHATTEN und FROZEN GATE angeschaut habe.

Es ist ungewohnt als EU-Bürger an einer Grenze mit Zoll und Beamten zu stehen und an Schlagbäumen vorbei zu fahren. Vor allem wenn man in einen Staat reist, der mehrheitlich die gleiche Sprache spricht wie man selbst (auch wenn man darüber streiten kann wie ähnlich das gesprochen Wort tatsächlich ist). Ebenfalls ungewohnt sind die Preise, die in der Eidgenossenschaft auf den deutschen Touristen warten. Zugegeben, mir war auch klar, dass die aufgehobene Euro-Franken-Bindung einen Besuch bei unserem südlichen Nachbarn nicht gerade zu einem Schnäppchen werden lässt - aber scheiße verdammt ist das teuer! Dadurch dass Franke und Euro fast auf gleichem Niveau liegen - wird bereits ein kleines Konzerte zu einem echten Luxusgut. So kostet der Eintritt bei FROZEN GATE und NACHTSCHATTEN in der Met-Bar Lenzburg
Frozen Gate (Foto Adrian)
heute 15 CHF, was beinahe 14 Euro entspricht. An der Theke wird es nicht besser. 6 CHF (also 5,50 Euro) kostet das recht süffige Dosenbier und die Preise für Longdrinks oder Met will ich gar nicht erst erwähnen. Für unsere schwache Einheitswährung können natürlich weder der Wirt noch die Besucher etwas, die sich allesamt sehr sympathisch präsentieren, auch wenn es schwierig ist ihnen zu folgen, wenn sie untereinander reden. Das merkt man vor allem beim Auftritt der ersten Kapelle FROZEN GATE - das melodische Black-Death-Quartett kommt aus der weiteren Region (Anfahrt etwa 50 Kilometer) und spricht natürlich auch die lokale Mundart. Für deutsche Besucher wirkt es auf jeden Fall ungewohnt eine Kapelle zu sehen, die optisch an HATE und BEHEMOTH erinnert und im Schweizer Dialekt Ansagen zum Besten gibt. Aber wer bin ich es zu urteilen? Immerhin haben die Schweizer mit HELLHAMMER und CELTIC FROST an der Entstehung dieses Stils mitgewirkt und ich bin ja auch nur zu Gast in ihrem Land - also konzentrieren wir uns auf die Musik. Das Liedgut klingt gar nicht schlecht. Die Gitarrenarbeit ist ordentlich und Sänger Charon hat ein solides Organ. Auch den Zuschauern scheint es zu gefallen. Der Club ist zwar weit davon entfernt wirklich voll zu sein, aber immerhin versammeln sich einige Metalheads in der ersten Reihe, um harte bis symphonische Tracks wie 'In Nomine' oder 'Beyond All Stars' abzufeiern. Hier stimmt die Chemie zwischen Zuschauern und Musikern, die am Ende auch gebührend verabschiedet werden, als sie ihr Set nach einer Stunde beendet haben.

Ganz anders sieht es beim Auftritt von NACHTSCHATTEN aus. Die Melo-Deather
Nachtschatten (Foto: Adrian)
kommen aus Deutschland und haben sich aus Karlsruhe auf den Weg gemacht, um sich von den Lenzburgern weg ignorieren zu lassen. Gerade zu Anfang bei 'Feuersturm' erhält man überhaupt keine Reaktion - kein  Johlen , kein Klatschen. Dennoch bedankt sich der singende Basser Daniel brav und versucht mit lockeren Ansagen das lokale Publikum zu knacken. Man erzählt, dass man aus dem Norden kommt, also nicht aus dem Norden von Deutschland, aber was eben für die Schweizer so Norden sei. Auch erzählt man, dass man schon einmal in der Met-Bar gespielt habe und sich freut wieder einmal vorbeischauen zu können. Im weiteren Verlauf steigt mit Liedern wie 'Morgendämmerung' oder 'Blitzschlag' das Interesse an ihrem deutschsprachigen Melodic Death Metal - dennoch will sich eine richtige Konzertatmosphäre einfach nicht einstellen. Weswegen die Running Order durchaus hinterfragt werden darf. Ganz bis zum Ende schauen sich aber auch meine Kollegen und ich den Gig nicht an. Dafür ist die Stimmung einfach zu mies und der recht unspektakuläre Metal-Mix der Süddeutschen einfach zu nichtssagend.  

Insgesamt ein interessanter Ausflug. Keine musikalische Offenbarung, aber das hat im Vorfeld auch keiner erwartet. Kleine Konzerte sind eben hüben wie drüben eine Wundertüte, die mit der Beteiligung der Zuschauer stehen und fallen. Bei diesen Währungsunterschieden ist es allerdings auch verständlich wieso nur selten deutsche Grenzgänger, den Weg in die Schweizer Schuppen finden, wobei das genau das Element wäre, was diesen kleinen Veranstaltungen gut tun würde.

[Adrian] 

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