Mittwoch, 9. November 2016

Live-Review: Overkill und Crowbar - Live in Frankfurt

An einem Tag wie diesem ist es schwer über etwas anderes zu reden als das alles beherrschende Thema (den Wahlsieg von Trump). Gestern jedoch war die Welt noch in Ordnung und OVERKILL gaben sich zusammen mit CROWBAR und zwei weiteren Bands die Ehre in der Frankfurter Batschkapp.
Als um 18:30 die Türen der Konzerthalle an der Gwinnerstraße öffnen, ist das
Shredhead (Foto: Adrian)
Publikum überschaubar. Es hat sich nur eine kleine Schlange gebildet, die auf den Einlass wartet. Die Sorge im Vorfeld, dass man kein Ticket mehr bekommen könnte, erweist sich so als unbegründet. Auch die Veranstalter erwarten wohl nicht all zu viel Laufkundschaft und verkleinern mit Vorhängen den Konzertsaal um fast die Hälfte. Zu Anfang ist auch tatsächlich nicht wirklich viel los. Man sieht große Lücken in Zuschauerschaft als SHREDHEAD die Bühne betreten. Die Israelis sind modern groovige Thrasher im Stile von LAMB OF GOD und PANTERA. Vor allem Sänger Aharon weist optische Ähnlichkeit mit Phil Anselmo auf und grölt dabei ähnlich aggressiv ins Mikro wie Ex-EXODUS-Shouter Rob Dukes. Der Opener ist ein unheimlich gut gelaunter Haufen, der mit viel Spielfreude und Enthusiasmus immer mehr Zuschauer vom hinteren Teil des Saals in die vorderen Reihen lockt. Vor allem der erwähnte Frontmann ist ein echter Aktivposten, der eine Engagement an den Tag legt, dass man denken könnte, dass die Kapelle gerade in Wacken und nicht in Frankfurt am spielen wäre. So viel Motivation wird mit einem anständigen Applaus bedacht, den sich die Jungs mehr als verdient haben.
Desecrator (Foto: Adrian)
Danach ist es bei DESECRATOR bereits deutlich mehr los. Die Australier spielen eine dynamische Variante des Bay-Area-Sounds und haben einige coole Riffs zu bieten. Allerdings können die Songs auf Dauer die Spannung nicht halten. Der Sound ist zwar wie auch schon zuvor drückend und kraftvoll abgemischt, aber die Kompositionen fehlt es an Ideenreichtum und Abwechselung. Gefühlt wird hier immer der gleiche Gemisch serviert, was bereits nach wenigen Minuten die Begeisterung schwinden lässt. Die Stimmung ist vielleicht auch deswegen trotz der volleren Halle schlechter als bei SHREDHEAD, was auch der Band auffällt. Jedoch wirken ihre Anheizversuche mitunter eher arrogant und selbstgerecht. Denn wenn sich niemand bewegt und viele Besucher an ihren Smartphones hängen, sollte man sich zuerst einmal fragen, ob es nicht an der eigenen Arbeit liegt, dass die Atmosphäre so schlecht ist. Da rettet auch das abschließende 'Am I Evil?'-Cover nicht mehr viel. 
Mit CROWBAR kommen wir zum ersten Teil der Hauptspeise. Die
Crowbar (Foto: Adrian)
kampferprobten Sludge-Metaller aus New Orleans sind der doomige Exot am heutigen Abend. Natürlich können die Amis auch anders und hauen teilweise richtig gemeine, schnellere Kompositionen heraus - jedoch ist ihre Stärke die Langsamkeit und darauf muss man eben stehen. Generell bin ich zwar ein Fan solcher zäher Sound-Cocktails, aber an einem Abend mit schnellem Thrash Metal, kommt das Quartett nur schwer an mich ran. Man wippt zwar konstant mit - aber dennoch verabschiede ich mich kurz vor Ende der Setlist an die frische Luft, um noch eine zu rauchen bevor OVERKILL loslegen. Nichtsdestotrotz war es ein guter Gig mit einem sehr sympathischen Kirk Windstein, der auch immer noch selbst beim Umbau und dem Merch-Verkauf mithilft.
Overkill (Foto: Adrian)
Nach einer ausgiebigen Umbaupause kommen wenige Minuten nach halb elf die New Yorker von OVERKILL auf die Bühne und fackeln ein Feuerwerk ab, was ich so schon lange nicht mehr erlebt habe. Man merkt Bobby Blitz, D.D. Verni und Co die inzwischen 36 Bandjahre nicht an. Bobby verlässt zwar immer mal wieder die Bühne, aber schießt stets wie ein Torpedo zurück ans Mikro. Präsens, Charisma und Kommunikation mit dem Publikum - hier stimmt alles. Früh wird 'Rotten To The Core' entfesselt, worauf das energetische 'Electric Rattlesnake' folgt und mit 'In Union We Stand' erreicht das Set bereits im ersten Akt seinen Höhepunkt. Allerdings hat das Quartett mit 'Hammerhead', 'Feel The Fire' und 'Coma' noch einige Highlights zu bieten, die besungen und abgefeiert werden. Auch Mosh und Circle Pits sieht man im (jetzt vollen) Saal immer wieder. Geschlossen wird die Messe mit einer Zugabe, die gleich drei Songs enthält, wovon 'Fuck You' interaktiven Abschluss bildet (viele Mittelfinger werden auf Befehl von Blitz in die Luft gereckt).


Insgesamt geht ein toller Konzertabend zu Ende, der zwar auch seine Längen hatte, aber dennoch auf ganzer Linie überzeugen konnte. Viel Musik für einen akzeptablen Eintrittspreis von knapp 30 Euro - solche Pakete können gern häufiger in Frankfurt geschnürt werden.

[Adrian] 

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