Mittwoch, 14. Dezember 2016

CD-Review: Netherbird "The Grander Voyage"

Was hab ich denn schon wieder verpasst? Mehr als 26.000 Likes auf Facebook? Adrian Erlandsson (unter anderem bekannt durch AT THE GATES oder PARADISE LOST) hat auch schon bei ihnen getrommelt und existent ist man auch schon seit 2004? Wieso habe ich dennoch noch nie etwas von NETHERBIRD gehört? Die Schweden spielen eine melodisch bis symphonische Mischung aus Death und Black Metal und haben vor knapp sieben Wochen mit "The Grander Voyage" ihr bereits viertes Album veröffentlicht. Zurecht ignoriert oder schändlich übersehen? Bilden wir uns in der Folge ein Urteil.
Ruhig und verhalten startet das Album. 'Pale Flames On The Horizon' nährt sich nur vorsichtig dem Hörer an und versteckt einige dunkle Saitenanschläge hinter einem einleitenden Regenschauer-Sample, bevor Sänger Nephente zu seinem ersten tiefen Monolog ansetzt - eine Mischung aus Growling und Spoken Words. In dieses Intro fliest der erste "richtige" Track 'Hinterlands' organisch ein und schafft sich selbst so einen weichen Übergang. Die Riffs sind hymnisch und äußerst gefällig - bevor der erste Mid-Tempo-Reigen aus melodischem Death und Black Metal beginnt. Das Gebotene ist nett - aber nach spektakulären Ausbrüchen kann man hier lange suchen. Dafür werden immer wieder
Akustikgitarren ausgepackt. Black Metal (wenn man es denn so nennen möchte) wird hier zwar angedeutet, aber nicht voll durchgezogen. Auch im nächsten Track 'Dance Of The Eternals' bleibt man dem Schwarzmetall fern und lässt die E-Gitarren nur in der Ferne singen, während im Vordergrund (erneut) die Akustikklampfe ihren großen Auftritt hat. Aber wie heißt es so schön: es ist am dunkelsten bevor die Sonne aufgeht. Oder in diesem Fall umgekehrt. Denn mit 'Windwards' erschallt endlich mal ein angeschwärzter Prügel aus den Boxen, der etwas mehr aufs Gas drückt -zumindest anfangs - denn auch dieser Track fühlt sich bei mittlerer Geschwindigkeit am wohlsten. 'Pillars Of The Sky' leitet man dann (schon wieder) mit Akustikgitarren ein und treibt sich in drögen Sumpf der Langsamkeit herum. Nach drei Minuten wird man dann von ein wenig Mid-Tempo-Bombast geweckt, aber auch hier bleibt der erhoffte harte Break aus und jede Form von Energie versandet in der bereits mehrfach auf diesem Album durch exerzierten Formel aus poppigem Melo-Death und Black Metal Light. Da helfen auch Screams und leichte Anflüge von Double-Bass nur bedingt weiter. Im Gegensatz zu Landsmännern wie NAGLFAR oder THYRFING, die den Wechsel aus düsterem Minimalismus, wohl dosierter Harmonie und aggressiven Ausbrüchen perfekt beherrschen, wartet man hier leider meist vergebens darauf, dass der Spannungsaufbau sich in einem knackigen Klimax entlädt. Erst bei Track sechs (von sieben!) kriegen wir mit 'The Silvan Shrine' einen halbwegs mitreißenden Song geboten, der in den schnellen Passagen das richtige Maß an Druck einsetzt, welcher allerdings in den mehr als acht Minuten Spielzeit gründlich verloren geht. Mit etwa sieben Minuten ist der Rauswerfer 'Emerald Crossroads' kaum kürzer und jetzt ratet mal wie es weitergeht: richtig - auch die letzte Runde beginnt mit akustischen Melodien, langsamen Gesäusel und verträumten Riffs, die man irgendeiner Metal-Ballade aus den 80ern geklaut zu haben scheint. Im Ernst, was soll das? Ist das eine neue Form der pop-musikalischen Anbiederung des Extreme Metals an die Massen, die bereits KEEP OF KALESSIN mit ihrem Auftriitt beim ESC versucht haben? Fürs Protokoll: es gibt auch in den finalen Minuten von "The Grander Voyage" einige treibende Passagen, die wirken aber insgesamt zu glatt gebügelt, um in letzter Konsequenz im Ohr hängen zu bleiben. Damit wäre auch die Frage geklärt, wieso NETHERBIRD bisher unter meinem Radar geblieben sind. Die Skandinavier sind langweilig, ohne Ecken und Kanten und haben soviel Biss wie ein Polarbär mit Zahnausfall und Mundhöhlenkrebs.

Wir haben hier sieben Songs zu denen man maximal einschlafen oder seine Steuererklärung machen kann. Es gibt viele tolle Ansätze und ich zweifle keineswegs an den Fähigkeiten der Musiker, aber das Gesamtpaket ist blass, farblos und schlichtweg verzichtbar. Und damit haben wir auch unsere eingangs gestellte Frage beantwortet: NETHERBIRD  darf man gerne ignorieren ohne Angst haben müssen etwas zu verpassen. 
Wer dennoch neugierig geworden ist, kann seit dem 28.10.2016 bei Black Lodge Records diesen Dreher abgreifen.

5,5 von 10 Punkte

[Adrian]

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