Sonntag, 9. April 2017

Live-Review: Doom And Gloom II im Jazzkeller Hofheim

Der 8. April ist dieses Jahr ein ganz besonderer Tag für Metaller im Rhein-Main-Gebiet gewesen. Man hat sich vor Konzerten kaum retten können. In Wiesbaden haben MANTAR, ANGEL WITCH und ELECTRIC WIZARD im Schlachthof gespielt, während in Oberursel der zweite Tag vom Taunus Metal Festival mit Bands wie CAGE oder IRON COBRA auch einiges zu bieten gehabt hat. Darüberhinaus wurden auch im Second Home in Ennerich und auf dem "Frankfurt Deathfest" in Bensheim noch zwei weitere interessante Termine in der südlichen Hälfte Hessens ausgetragen. Da konnte man schon mal in Entscheidungsnöte geraten - nichtsdestotrotz entschied ich mich für jenen Termin, den ich mir schon vor Monaten im Kalender eingetragen hatte: das Doom And Gloom II im Hofheimer Jazzkeller. 
Halb neun am Abend und auf der Bühne herrscht bereits reges Soundcheck-
Cross Vault (Foto: Adrian)
Treiben. Denn auch wenn noch einige unverkaufte Tickets an der Abendkasse herumliegen, soll es recht zeitnah mit dem Opener CROSS VAULT losgehen. Wer unser Preview zum Event gelesen hat, weiß dass wir hier einige (dem informierten Untergrund) bekannte Musiker erwarten dürfen, die schon bei anderen Projekten und Kapellen ihr Talent unter Beweis gestellt haben (wie NOCTURNAL oder HORN). Der Fünfer startet mit dem kraftvollen 'The All-Consuming' und dem drückenden 'Void Of Old, Void To Come' und zieht das Publikum von Song zu Song mehr in seinen Bann. Egal ob 'Miles To Take' oder 'Rails Departing' aus den Boxen schallt - die brachialen und gleichzeitig gefühlvollen Riffs sorgen in Verbindung mit Nerraths vielschichtigen Organ für eine konstante Gänsehaut, die beim NICK-CAVE-Cover 'The Weeping Song' seinen Höhepunkt erreicht. Die spärliche Beleuchtung verstärkt noch die morbide Stimmung, die nur von ein paar Strahlern durchbrochen wird, die die Musiker von unten, aus Richtung der Monitore anscheinen und unnatürlich schattieren. Viel zu schnell geht dieser amtliche Auftakt zu Ende - allerdings warten noch zwei Bands, die auch auf die Bühne möchten. 
Die Sachsen von FROWNING schalten noch einmal ein paar Gänge runter und
Frowning (Foto: Adrian)
entführen das Publikum in die bleischweren Niederungen des Funeral Doom Metals. Den drückenden Bass kann man am ganzen Körper spüren und die abgrundtiefen Growls von Bandchef Val sorgen ebenfalls für die entsprechenden Schauer, die dem Zuschauer über den Rücken gejagt werden. Problematisch ist lediglich die Tatsache, dass generell Funeral Doom eine Musikrichtung ist, die man sich zu Hause anhört. Auf der Bühne kann so etwas schon mal sehr zäh werden und FROWNING bildet da auch keine Ausnahme. Erwartungsgemäß, ist die Interaktion mit dem Publikum auf ein Mindestmaß beschränkt und viel Bewegung auf der Bühne findet verständlicherweise  auch nicht statt. Entweder findet man solche Musik (wie die meisten Zuschauer heute) sphärisch und hypnotisch und lässt sich vollkommen von den monotonen Monolithen vereinnahmen oder man macht es wie ein paar andere Zuschauer und nutzt den Auftritt um die eine oder andere Zigarette vor dem Keller zu rauchen. Die Mehrheit der Besucher heute bleibt den Sachsen aber bis zum Ende treu.
Die letzte Band des Abends heißt OPHIS und ist die einzige Kapelle heute, die
Ophis (Foto: Adrian)
ich bereits zuvor schon einmal auf einer Bühne gesehen hatte. Allerdings hat sich seit meinem letzten Kontakt mit dem Vierer einiges geändert. So sind die zweite Gitarre  und das Schlagzeug neu besetzt worden und Frontmann Philipp hat keine Haare mehr auf dem Kopf (was habe ich denn alles verpasst?). Bei soviel Veränderung liegt der Fokus der Setlist naturgemäß auf aktuellerem Material. Wenn man die halbe Band austauscht, dann werden alte Schinken meist erst einmal hinten angestellt. Allerdings höre ich heute keines meiner persönlichen Lieblingslieder (kein 'Dead Inside', kein 'Suffering Is A Virtue' und auch kein 'Pazuzu') stattdessen gibt es viel neues Liedgut zu hören wie 'Counting Bricks' (ein Song zum Thema Demenz). Die Band gibt auch ganz offen zu, dass man heute viel Neues spielt, da man bereits im Herbst ins Studio geht, um eine neue Scheibe einzuprügeln. Deswegen seien die Anwesenden heute ihre "Versuchskaninchen". Das ruft bei mir gemischte Gefühle hervor: einerseits höre ich gern neues Zeug als Erster (sonst würde ich ja keinen Musik-Blog betreiben) - zum anderen will man natürlich live seine favorisierten Tracks hören. Nichtsdestotrotz feiere ich den Auftritt wirklich schwer ab (nicht so sehr wie der Die-Hard-Fan in Reihe eins, der fast durchgängig am Bangen ist - aber ich bin auch gut dabei). Die Norddeutschen zeigen sich spielfreudig und ziehen auch bei diesem eher intimeren Gig eine ordentliche Show mit einer Menge Engagement ab. Besonders der Mix aus harten Todesblei-Passagen und schaurigen Doom-Walzen macht diesen Auftritt zu einem echten Highlight des heutigen Abends.
Gegen etwa halb eins ist dann aber auch schon wieder Schluss und die Lichter gehen an, um den Konzertabend heute fast pünktlich zu beenden - was zuletzt nicht so oft der Fall war. Mit nach Hause nehmen jedoch alle das Gefühl eine außergewöhnliche Nacht in Hofheim erlebt zu haben, die uns wie immer der völlig unkommerzielle Verein (der hinter dem Jazzkeller steht) präsentiert hat. Eine ehrenamtliche Arbeit, die es auf jeden Fall zu unterstützen gilt, damit der musikalische Underground auch weiterhin ein Zuhause am Taunus hat.

[Adrian]

1 Kommentar: