Donnerstag, 6. April 2017

Reingehört: Nemus "Wald - Mensch"

Ganz ehrlich? Eigentlich würde ich diesen Baumknutscher Black Metal gerne pauschal scheiße finden können. Ich würde gerne so Sachen schreiben wie "So ein zahmes Gedudel macht den Black Metal kaputt!" oder "Kein echter Metaller sollte so etwas hören - das ist etwas für eierlose Hipster und gescheiterte Musikstudenten". Manchmal würde ich gern so etwas schreiben, denn es ist einfach damit bei Schwarzmetall-Puristen und Szene-Elitekriegern Applaus zu ernten. Allerdings wäre dies eine Lüge. Denn tatsächlich mag ich Post Black Metal und aktuell leben wir in einer Zeit, in der sehr viel guter atmosphärischer (Post Black) Metal produziert wird. Ob "Wald-Mensch" von NEMUS ebenfalls in diese Riege gehört, klären wir in der Folge.
Bei NEMUS handelt es sich um ein Solo-Projekt des Bambergers Frank Riegler. "Wald - Mensch" ist sein erster Release und seit knapp zwei Monaten auf dem
Markt. Der Franke spielt laut Metal-Archives in keinen weiteren Truppen und steht seinem "Bandfoto" zu Folge gern allein im Wald herum (was konsequenterweise zum Albumtitel passt). Musikalisch hat man es hier mit sieben Tracks zu tun, die es auch knapp 40 Minuten Spielzeit bringen. Gesanglich schreit man nicht keifend, sondern eher gepresst wie man es von anderen modernen Cascadian Black Metal Bands kennt - vor allem jenen die ihren Ursprung im Crustcore haben. Neben verwaschenen LANTLÔS-Riffs, wird auch gerne die unverzerrte Klampfe ausgepackt oder das Mikro einfach in den Forst hineingehalten (für die typische Bachgeplätscher-Atmo). Der Drum-Computer (es klingt zumindest so als wäre es einer) wummert relativ monoton im Hintergrund vor sich hin, während die sich überlagernden Gitarrenkollagen den Sound bestimmen. Lyrisch kann man wiederum streiten, ob die Texte tiefgründig oder unfreiwillig komisch sind. Beispiel gefällig? "Kein Blut, nur Harz; Durchfließt meine harte Rinde; Lass mich sprießen, lass mich keimen; Bis ich die Antwort finde", heißt es zum Beispiel bei 'Ich schlage Wurzeln'. Vor dem Hintergrund, dass der Longplayer den Lebenszyklus eines Baumes beschreibt, hat man sich auf jeden Fall Gedanken gemacht und versucht eine zusammenhängende Geschichte zu erzählen. In einigen Fällen kommen dadurch clevere Parabeln zustande, die sich auf das menschliche Leben übertragen lassen, aber das funktioniert eben nicht immer (siehe oben). 

Alles in allem ist "Wald - Mensch" ein durchaus gutes Album, das zwar keine neuen Maßstäbe setzt, aber mit einem richtigen Maß an Ambient, (Neo)Folk und Post Rock seinen Black-Metal-Mix gehaltvoll anreichert. Ob das lyrische Konzept so brutal durchgedrückt werden muss, ist eine andere Frage. Wer jedoch AGRYPNIE oder DER WEG EINER FREIHEIT gerne hört - wird auch hier seinen Spaß haben. Wenn NEMUS noch ein wenig am Gesang arbeitet und die Texte etwas geschliffen werden, hat man es mit einer richtig starken Band zu tun. Instrumental gibt es nämlich relativ wenig zu meckern.
Auf der Bandcamp-Seite des Projekts gibt es den Dreher als Download für 5 Euro zu erwerben.

 [Adrian]

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