Dienstag, 27. Februar 2018

Editorial: Meine Reichweite kann mich mal!

Es ist eine Frage, die ich mir immer wieder stelle: würde ich mein Zeug als Außenstehender eigentlich lesen wollen? Das ist eine Frage, die sich jeder Content Creator stellen sollte. Gerade in einer Zeit von Algorithmen, organischen Reichweiten und Adwords, hinterfragt man sich viel zu selten selbst. Man haut einfach raus, was geht, weil die Zeiten schnelllebiger geworden sind und man mithalten will. Mehrere Tweets pro Stunde, Täglich ein paar Posts auf Facebook und längere Beiträge oder Videos mehrmals die Woche. Bleibt da eigentlich noch Zeit für eine Selbstüberprüfung? 

Ich habe es heute wieder gemerkt. Ich sitze vor dem Laptop und will etwas schreiben. Aber was? Klar, es gibt unzählige Promos, die auf eine Rezension warten, viele Konzerte, die man bewerben könnte und andere Dinge, die es wert wären thematisiert zu werden. Aber tatsächlich habe ich gar keine wirkliche Lust etwas davon zu behandeln. Denn eigentlich will ich gar nichts schreiben, aber ich fühle mich von der eigenen Routine dazu gezwungen. "Du hast gestern schon nichts gemacht, dann musst du heute etwas machen!",  spukt es mir irrational durch den Kopf. Warum muss ich? Interessiert es auch nur eine Person ob jeden zweiten Tag etwas online kommt? Wieso mache ich das eigentlich? Denn im Gegensatz zu anderen Bloggern oder Autoren verdiene ich keinen Cent mit dem, was ich tue. Mache ich das vielleicht nur um es irgendwelchen Internet-Mechanismen der großen Plattformen recht zu machen, die mich bei hoher Frequenz dankenswerterweise etwas häufiger ausspielen?
Wenn das Veröffentlichen nur noch zum Selbstzweck verkommt und man das Gefühl hat, dass man schnell noch etwas online stellen muss, ist vielleicht der Zeitpunkt gekommen um die Reißleine zu ziehen. Schiere Quantität allein kann keine nachhaltige Relevanz bringen und jene, die eigentlich für Qualität bekannt sind und versuchen ihre Schlagzahl zu erhöhen, weil sie meinen mit den größeren Kollegen ihrer Zunft mithalten zu müssen obwohl sie das von sich aus gar nicht wollen, werden unweigerlich unter die Räder dieser Mechanismen geraten. Egal ob man Musik macht, schreibt, malt oder etwas anderes tut, es muss immer zuerst einem selbst gefallen und der Prozess muss eine gewisse Erfüllung bieten. Der Wunsch immer mehr Menschen zu erreichen oder als Medium zu wachsen ist nicht verwerflich, aber man darf sich diesem System nicht Untertan machen. Es ist lobenswert eine Tätigkeit mit Herzblut zu betreiben, aber ich kann euch allen nur empfehlen euch nicht von dieser Veröffentlichungsdiktatur der sozialen Netzwerke unterwerfen zu lassen. Produziert was ihr wollt, wann ihr wollt und so oft oder selten wie ihr es wollt. Google AdWords und Trending Topics checken? Vergesst es! Macht den Content, den ihr auch selbst konsumieren würdet. Habt keine Angst davor, dass Leute von eurem Content nicht erreicht werden könntet nur weil ihr gewisse Social-Media-Gebote nicht befolgt habt. Wenn ihr treue Rezipienten habt, dann schauen sie auch von alleine vorbei, ob es etwas neues bei euch gibt. Es gibt nichts schlimmeres als einen interessanten Kanal oder eine lesenswerte Seite daran zu Grunde gehen zu sehen, weil sie versuchen es anderen Recht zu machen oder den intransparenten Regeln eines Netzwerks hinterher zu hecheln. Wer das tut, wird beliebig und überflüssig und verrät sich selbst.
Auch bei Totgehört wurde in der Vergangenheit viel zu oft einfach nur produziert, damit etwas online gehen konnte und das hat sich in entsprechendem Desinteresse euerseits geäußert (was völlig gerechtfertigt war). Das wird in Zukunft anders werden. Wir werden uns verändern und weniger Beiträge fabrizieren. Dafür wollen wir wieder spannender und leidenschaftlicher werden. Seid also gespannt, was euch in Zukunft erwarten wird. Das ist kein Abschied, sondern ein Neubeginn.

[Adrian]

4 Kommentare:

  1. top, mein lieber - genauso geht leidenschaft. und das ist es, was zählt \m/ auf gehts .....

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  2. Recht hast Du. Im Übrigen interessieren auch regelmäßige, hochwertige Beiträge niemanden. Was heutzutage zählt, ist eben nicht der geschriebene Content, für den man sich Zeit nehmen muss, es zählen nur Fotos.

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  3. Absolut, die Mechanismen sind fies, denn sie ergreifen einen schleichend. Bis man irgendwann merkt, dass man tief drin steckt in der Maschine, die einem keinen Spaß mehr macht. Aber so lange man dies noch erkennen kann, kann alles gut werden. Mach, wozu du Bock hast, man ist niemanden etwas schuldig, man wird nicht bezahlt und ist daher niemanden verpflichtet.

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  4. Sehr guter Artikel. Durch all diese vielen Social Media Plattformen vergisst man aber manchmal auch das "echte" Leben, zu beschäftigt ist man mit dem Erstellen neues Contents. Wenn man grade nicht weiß, worüber man schreiben soll, dann finde ich es einfach gut sich eine Auszeit zu gönnen. Manchmal muss man echt einfach mal "nix" tun dann werden die Rezeptoren im Gehirn ruckzuck mit neuer Inspiration & Energie überflutet. Mir ist es ehrlich gesagt total egal wie viele Follower etc. ich habe, das Wichtigste ist, dass mir Spaß macht, was ich tue. :)

    Liebe Grüße aus Berlin.

    XX,

    www.ChristinaKey.com

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