Dienstag, 17. Oktober 2017

Live-Review: Zeremonie der Schatten III im Jazzkeller Hofheim

Bereits seit Monaten ist die dritte Auflage der Zeremonie der Schatten ausverkauft gewesen und jeder, der eine der knapp 150 Karten bekommen konnte, durfte sich glücklich schätzen, denn das Line-Up dieses Tagesfestivals ist für Kenner des Undergrounds ein echtes Feinschmecker-Menu. Neben den bereits Taunus-erprobten Schwarzheimern von STREAMS OF BLOOD haben auch die Westerwälder von CHAOS INVOCATION, die legendären Limburger von  MEMBARIS sowie THROMOS und der Headliner INSANE VESPER die Bühne im Jazzkeller bestiegen. 

Aber fangen wir vorne an. THROMOS soll laut Plan um 18 Uhr die Bühne entern,
Thromos (Foto: Adrian)
aber wie das meist so ist, wird es etwas später. Das Warten lohnt  sich aber denn die Roßlauer haben eine Menge Atmosphäre mitgebracht. Sie bauen einen kleinen Altar auf, räuchern vor sich hin und illuminieren die Bühne mit dicken Kerzen. Dazu tragen die Dessauer lange Kutten und Kapuzen und zelebrieren eine wabernde  Version ihres schwarzen Metalls. Das klingt von der Machart her ein stückweit wie SARGEIST, aber ist in sich gleichförmiger. Die Mitteldeutschen erzeugen eine sehr sakrale Stimmung und fesseln viele Besucher vor Bühne, aber können gleichwohl nicht alle Anwesenden überzeugen. Einigen Stimmen zu Folge biete der Gig zu wenig Abwechselung und Spannung, andere wiederum quittieren die Leistung auf der Bühne mit konstanten Headbanging. Die Wahrheit liegt irgendwo dazwischen: ein sehr solider Anfang, aber die echten Perlen folgen noch.
So steht kurze Zeit später bereits  das erste Highlight des Abends auf der
Membaris (Foto: Linda)
Bühne. Die Limburger von MEMBARIS waren den Konzertlandschaft lange fern geblieben und haben sich voll aufs Song-Writing konzentriert. Das Ergebnis kann man aber nun auch live bestaunen - denn das um zwei schwarz-gekleidete Live-Musiker ergänzte Duo hat in der Setlist auch den einen oder anderen neuen Song eingearbeitet und präsentiert sich von der besonders spielfreudigen Seite. Auch ältere Tracks schaffen es ins Set und so kommt das über 13 Jahre alte 'As The Ancient Returned' genauso zum Zug, wie das auch schon über eine Dekade alte 'Shades'. Gedankt bekommt es die Kapelle aus der Domstadt mit einem vollen Zuschauerraum und einer äußerst feierwütigen ersten Reihe. Die Vocals sind bissig, die Riffs sitzen und das Drumming ist ohnehin nicht von dieser Welt - alles in allem eine äußerst gelungene Rückkehr auf die Bühne, die man mit dem göttlichen 'Remains Of Solitude' krönt.


Viel Zeit zum erholen hat man aber nicht, denn mit STREAMS OF BLOOD kommt schon der nächste Höhepunkt. Die
Streams Of Blood (Foto: Adrian)
gebürtigen Franken geben sich viel Mühe bei der optischen Präsentation und projektieren eine wilde Kollage aus düsteren Bildern, Mustern und Weltkriegsszenen auf den Backdrop, die von Organisator Ronald gebaut worden ist. Gehüllt in Corpsepaint, Kutten und Schleiern sehen die Herren aus, als würden sie eine Inquisition über die Zuschauer bringen wollen und musikalisch ist man davon auch gar nicht so weit entfernt. Songs wie 'Von der Realität in das ewige Licht' entfachen ein Inferno, dem man sich nur schwer entziehen kann. Besonders die Songs vom aktuellen Dreher "Allgegenwärtig" wie 'Detox' oder 'Tranformation' sorgen für eine apokalyptische Atmosphäre und gehen direkt in die Nackenmuskulatur. Schließlich muss aber auch der beste Auftritt zu Ende gehen und
für den Abgesang holt man sich mit André von CHAOS INVOCATION dann noch einen Gast auf die Bühne, der das Mikro übernehmen darf.
Chaos Invocation (Foto: Linda)
Der Abend vergeht wie im Flug und mit bereits erwähnten CHAOS INVOCATION kommt bereits die vorletzte Band des Abends auf die Stage. Wer die Westerwälder nicht kennt, kann sich die Truppe als Mixtur aus WATAIN, BEHEXEN und GG ALLIN vorstellen. Harter, orthodoxer Schwarzmetall trifft hier auf dreckige Melodien und das abgeranzte Organ von Sänger Malte, der jede Menge Emotionen und Pathos in seine Darbietung legt (auch wenn ich die Wahl seines Beinkleids etwas fragwürdig finde). Hier bleibt kein Stein auf dem anderen, was bei dieser kleinen Bühne allerdings dazu führt, dass sich die fünf Musiker regelmäßig auf den Füßen stehen und auch gerne mal gegenseitig die Pedale verstellen. Zu guter Letzt raucht Gitarrist André auch noch der Amp ab - aber dem Publikum ist das egal. Die Energie wird transportiert und von den Widrigkeiten, mit denen die Musiker kämpfen, merkt im Jazzkeller kaum wer etwas. Der Auftritt ist super intensiv und ein Beispiel dafür, wie man anti-kosmischen Black Metal live zelebrieren muss.
Danach ist es dann sogar schon Zeit für die letzte Band und es fällt auf, dass
sich die Location bereits ein wenig geleert hat. Die Franzosen von INSANE
Insane Vesper (Foto: Adrian)

VESPER haben die weiteste Anreise auf dem Buckel, aber scheinbar auch den kleinsten Fankreis in Hofheim. Ich kann ehrlich gesagt auch verstehen warum, denn mich hat der letzte Lonplayer "LayiL" nicht aus den Socken gehauen und kein besonderes Interesse an diesen Jungs geweckt. Auf der Bühne wiederum wirkt das Liedgut stärker und profitiert von der reduzierten Optik des Fünfers. Das Corpsepaint ist klassisch, die Outfits sind traditionell aber wenig ausgeschmückt und viel Deko hat man auch nicht mitgebracht. Die Westeuropäer fallen durch diesen Verzicht quasi am meisten auf und setzen sich vom restlichen Billing deutlich ab. Nichtsdestotrotz kann mich der konventionelle Trümmersound nicht ewig bei der Stange halten. Gegen Ende nutzt sich das Konzept einfach ab und lässt das Aha-Moment vermissen. 

Insgesamt jedoch hat die Zeremonie der Schatten auch in ihrem dritten Ritual überzeugen können und die Vorfreude auf die vierte Ausgabe im Frühjahr 2018 ist schon jetzt groß. Wer dabei sein will sollte sich am besten direkt seine Karten sichern, denn mit Bands wie MALUM und SAKRISTA wird auch der nächste Konzertabend schnell ausverkauft sein.

[Adrian]  

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