Freitag, 19. Juni 2015

Live-Review: Heavy Days in Doomtown (Part II)

Und hier direkt der zweite Teil vom Heavy Days in Doomtown Bericht, den die Kollegen Nezyrael und Sunny während ihres Aufenthalts in Kopenhagen recherchiert haben. Wer den ersten Teil verpasst hat findet den entsprechenden Link hier.


Freitag
Neuer Tag, neue Location; Was sich im Umkreis “Ungdomshuset” schimpft und sich meiner Erfahrung und Nachfrage nach etwa in "Shit I don't even fucking know what it means, man" übersetzen lässt hat alles was das Herz begehrt: Zwei Locations, mehrere Bars verschiedenster Angebote, Merchandise, betrunkene am Mittag, dass übliche Aufgebot eben. Um 17 Uhr dürfen dann die Herren von BLACK COBRA selbigen Ort für das diesjährige Heavy Days eröffnen und bieten mit Gitarre und Schlagzeug einen relativ entspannten Einstieg. Ob das geplant war ist allerdings eher fraglich. Die Menge wackelt etwas unmotiviert vor der größeren der beiden Bühnen und applaudiert zwar brav nach jedem Song, lässt sich aber nicht wirklich mitreißen. Möglicherweise liegt es am fehlenden Bier, möglicherweise an dem Mangel einer Bassgitarre die den ganze Gig etwas zahnlos klingen lässt, aber BLACK COBRA weiß trotz netten Riffs und überdurchschnittlichem Drumming einfach noch nicht zu überzeugen. Vielleicht war die ganze Sache etwas zu punkig für die Zuhörer. Jedenfalls ist dieser Gig mehr von der Bar als von der Bühne aus zu genießen.

[Sunny]

Eine absolut willkommene Abwechslung auf dem Festival stellen die Dänen von WEAK dar; schließlich vertreten diese das sträflich und unrechtmäßig vernachlässigte Genre des Sludge. Ebenfalls scheint es fast empörend zu sein selbige dann auch noch auf die kleine Bühne zu verbannen und vor der Welt im dichten Rauch der umstehenden Massen zu verschließen, denn WEAK beweisen das zumindest die Musik mit diesem Namen zu unrecht betitelt ist. Langsam, dissonant, heavy, aggressiv; alles was man sich vom Weihnachtsmann nur wünschen kann, verpackt in pechschwarzes Geschenkpapier das beim aufmachen blutet: 

WEAK waren verdammt gut. Vielleicht hilft es auch das man nicht hört wenn sie sich verspielen. Jedenfalls macht der gesamte Gig eine Menge Spaß, bildet die Speerspitze einer zu Unrecht unterrepräsentierten Stilrichtung und stellen vollkommen zufrieden. Ohne Vorbehalt an alle weiterzuempfehlen.
[Sunny]

Eines der Schwergewichte durfte am Freitag dann schon relativ früh auf die Bühne, und so betraten um halb acht die Motown-Boys von ACID WITCH das Ungdomshuset. 

Die Amerikaner stehen seit jeher für eine krude Mischung aus Sludge, Doom, Stoner, Death Metal und der für diese Mixtur benötigten Spur Wahnsinn und Humor in Form von verdrehten, hohen Stimmeffekten, manischem Gelächter und spooky Samples wie beispielsweise in 'Trick or Treat' vom 2010er-Referenzalbum "Stoned". Insgesamt dominieren im Sound von ACID WITCH aber natürlich langsame, wuchtige Riffs gepaart mit bösartigen Growls. Sowohl show-technisch als auch musikalisch einwandfreie Darbietung der Detroiter Jungs.
[Nezyrael]

Als nächstes durften dann EVIL SPIRIT im Dödsmaskinen ran, eine noch relativ junge deutsche Truppe, die 2014 ihr Debüt-Album "Cauldron Messiah" an den Mann brachte. Zu Beginn waren die Songs noch von der doomigeren Seite, im Laufe des Sets wurde man aber stetig schneller und bombadierte das Publikum mit heftigen Riffs, die auch nicht von Soli unterbrochen wurden, sondern ununterbrochen Druck machten. Für den Gesang sorgt bei EVIL SPIRIT der Drummer, der aber leider den großen Schwachpunkt der Band darstellt, zu wenig kommt da im Vergleich zur restlichen Instrumentalfraktion. So reicht es insgesamt dann leider nur für ganz nett.

[Nezyrrael]

Bei HORISONT ist die Halle noch immer brechend voll. Eigentlich äußert ungewöhnlich wenn man bedenkt das der Stil der Schweden wenig in die Location passt. Irgendwo scheint die dargebotene Mischung jedoch Anklang zu finden, denn die Masse feiert ordentlich mit.





Mit der unsichtbaren Pistole der Beschreibung an der Schläfe sollte man die dargebotene Musik vielleicht am besten als Mischung aus JUDAS PRIEST und URIAH HEEP bezeichnen; rockige Riffs aus Zeiten der auch hier omnipräsenten Schlaghosen und Backenbärte, gepaart mit diversen Soli und hohem Gesang aller David Byron schlagen hier wohl gerade der Abwechslung halber wohlwollend ein und Hits wie 'The Writing on the Wall' oder 'Nightrider' werden möglichst schief mitgesungen. Nach dem Gig selbst scheint die Menge bei der Befragung allerdings merkwürdig abweisend der Band gegenüber zu sein. Vielleicht möchte ja keiner zugeben auf dem bösen bösen Doomfest eine Schwäche für ein wenig Nostalgie a la 1970's zu besitzen. Allerdings kann man getrost sagen dass für Fans des Angebots die Nachfrage eindeutig erfüllt wird. Easy livin' turbolovers.


[Sunny]

Die ganze Doom-Geschichte ist ja per Definition eher träge und das ist auch irgendwo gut so, schließlich hilft das nicht nur der Atmosphäre, sondern hilft auch nach acht Stunden Live-Musik und Bier noch halbwegs gerade stehen zu können. MANTAR interessiert das allerdings nicht so. Zwar grooven unsere Landsmänner aus Hamburg definitiv, aber die Sludge-Mischung mit ordentlicher Würze Hardcore vermittelt einfach den zwanglosen Zwang der Bewegungsnot. Auch auf kleinstem Raum gerät das Publikum plötzlich schwer ins Wanken, denn dem Rhythmus kann sich keiner entziehen. Gerade die Songs der "Death By Burning"-Scheibe treiben alle beteiligten noch dichter an die Bühne sowie den Schweiß auf die Stirn; allerdings muss man leider sagen, dass der Sound gerade in der hinteren Reihen schwer abflacht. Zwar gibt sich das DIY-Duett alle Mühe den Saal mit Musik zu füllen, jedoch mangelt es der Geschichte schier etwas an Klangtiefe. Vielleicht resultiert dieser Eindruck aber auch nur aus dem Kontrast zum Rest der stark basslastigen Bands. Dem punkigen Stil der Band kommt dies jedenfalls prinzipiell zugute, erschlafft nur leider in der Ausführung etwas. Vielleicht waren ja auch die Techniker schuld. Bleiben wir dem guten Auftritt zur liebe mal dabei.

[Sunny]

Den für mich besten und intensivsten Auftritt des Festivals lieferten dann die Herren und die Dame von
ACID KING ab. Dabei fällt es mir wenn ich ehrlich bin schwer, das an einzelnen Details des Auftritts festzumachen, die komplette Stimmung war über die gsamte Spielzeit dermaßen sphärisch und entrückt, das habe ich auch auf diesem Festival in dieser Intensität kein zweites Mal erlebt, und es war nicht einmal knapp. Den größten Verdient daran hatte sicherlich Frontfrau Lori, deren Stimme mich völlig in Ihren Bann gezogen hat. Hier wäre es wirklich unnötig, auf einzelne Songs einzugehen, da diese Vorgehensweise wie schon bei den Alben an sich dem Gesamtwerk in keinster Weise gerecht wird. Wer die Band noch nicht kennt sollte dann auch unbedingt mal das aktuelle Werkk "Middle Of Nowhere , Centre Of Everywhere" antesten, das dieses Jahr erschienen ist und vor allem mal ein Konzert besuchen.
[Nezyrael]

NIGHT VIPER war dann die am wenigstens doomige Band des Tages und übernahm dann so in etwa die Rolle die CASTLE gestern innehatte, nämlich den Leuten mit relativ straightem Heavy Metal/-Rock nochmal ordentlich Beine zu machen zu später Stunde.

Diese Aufgabe gelang mit Bravour, und der relativ urtümliche Metal irgendwo in der Schnittmenge von von frühen Maiden, jungem Bay-Area-Thrash und klassischem 70er Hard-Rock brachte die doch schon leicht angeschlagene Menge nochmal dazu alles zu geben, inklusive hier glücklicherweise relativ selten vorkommendem Crowdsurfing. Besonders beeindruckt hat mich die Gesangsleistung, die ziemlich klar und kraftvoll war, weniger beeindruckend waren die stellenweise etwas arg langen und dudeligen Soli. Insgesamt aber eine Band, die live einfach Spaß macht.
[Nezyrael]

Einer der Vorteile von DOPETHRONE ist wohl das sie keine eigene Nebelmaschine benötigen.
Leicht schwankend, glasiger Blick und mit kochendem Publikum vor den Gitarren feuern die Kanadier heftigen, extrem groovigen Stoner Doom auf die Menge, die nach der zuvor atmosphärischen Euphorie jetzt vollkommen den Halt verliert und die Reihen vor Bewegung wabern. Gerade die ersten Ränge feiern ausgelassen die vollkommene Ungezwungenheit der Band welche sichtlichen Spaß am Geschehen empfindet und sich ein bisschen blödsinniges Geplapper zwischen den Songs nicht nehmen lässt; "Heroin, don't do it, hasn't got a lotta vitamins, you know". Man lernt doch auf jedem Konzert etwas neues. Jedenfalls ist diese Runde ein absoluter Höhepunkt des gesamten Festivals und lässt alle Beteiligten auch morgens um zwei nochmal zu Höchsttouren auflaufen. Wenn die Stagediver zum zehnten mal noch um die Köpfe kreisen, war das selten ein schlechtes Zeichen. Einzig die vollkommen sinnfreie Zugabe knapp zehn Minuten nach Ende der Show hätten sich die Potheads verkneifen können, da die meisten sich schon zur nächsten Theke oder nach Hause begeben hatten. Gerade mit 'Ain't no Sunshine' wäre es schön gewesen auf starker Note aufzuhören. Wir wollen großzügig darüber hinwegsehen, schließlich waren sie ja nicht zurechnungsfähig.


[Sunny]

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